Es war einmal beim Kunstmuseum

Zur Skandalgeschichte eines Gassenzimmers, Basel 1992 - 1993 | 2018

 

“ … Weh spricht: Vergeh!
doch alle Lust will Ewigkeit … „

Friedrich Nietzsche

Laufzeit
25.9.2018 bis 4.11.2018

Öffnungszeiten
Dienstag bis Sonntag 12-18 Uhr

Ort
Installation in der Dufourstrasse, zwischen Zschokke-Brunnen und Picassoplatz

Die nach aussen hin originalgetreue Rekonstruktion des Gassenzimmers an der Dufourstrasse ruft Ereignisse in Erinnerung, die in den frühen 1990er-Jahren Basels Gemüter erhitzten. Angst und Verunsicherung waren im Spiel, als sich Anwohner, Gewerbetreibende, auch Direktion und Kommission des Kunstmuseums auflehnten gegen den Raum zur betreuten Konsumation illegaler Drogen. Inzwischen ist diese Institution an die Peripherie der Stadt gerückt, Konsumenten insbesondere ‚harter’ Drogen sind aus der zentrumsnahen öffentlichen Wahrnehmung fast ganz verschwunden. Nicht aber die Frage nach Sucht: Synthetische Drogen sind heute schnell herstellbar, günstig zu beschaffen und steigern die Leistungsfähigkeit. Womit das Mass der Abhängigkeit auch tiefer ins Gefüge der leistungsorientierten Gesellschaft eingedrungen ist. „Es war einmal beim Kunstmuseum“ führt mit der temporären Bild- und Toninstallation ein „document humain“ in den Stadtraum ein. Nicht auf den ersten Blick, aber bei genauerem Hinsehen rührt die Baracke unter anderem an Vorstellungen zur Denkmalskunst. Sie führt Auguste Rodins „Bürger von Calais“ im Innenhof des Kunstmuseums zusammen mit Porträts von Süchtigen, die das Gassenzimmer 1992-93 frequentierten.

Die Installation

Trudons Bilder fragen nach Ereignissen, denen eine Gesellschaft historische Bedeutung zuzuschreiben bereit ist – oder die sie, ohnmächtig, aus ihrem Gesichtsfeld verdrängt. Zeitlich begrenzt und in reflektierender Distanz von 25 Jahren tritt die damalige Massnahme zur Überlebenshilfe und Schadensminderung innerhalb der Drogenszene in Bezug zu genau der Institution, welche die Stadt immer wieder als Herzstück ihrer kulturellen Identität und als Inbegriff ihres humanitären Geistes ausweist: zur Öffentlichen Kunstsammlung. Langsam, gegen innere und äussere Widerstände, arbeiteten das Basler Justiz- und das Sanitätsdepartement einer allmählichen Entkriminalisierung der Süchtigen zu. Das Museum hielt fest an seinem Ort der Kontemplation, welcher die gesellschaftliche Problematik von Konsum, Sucht, Erkrankung höchstens sublimiert, im ‚Werk’, gelten liess.

Das Forum

Gesteigertes Suchen: Kunst, Sucht und Sehnsucht

Samstag, 27. Oktober 2018, 11-17 Uhr
Vortragssaal, Kunstmuseum Basel, Hauptbau

Es war einmal beim Kunstmuseum versteht sich als Raum der Erinnerung und der fruchtbaren Konfrontation. Am Samstag, 27. Oktober wird das Ringen für und wider die öffentlich subventionierte Begleitung von Süchtigen in Basel zum Hintergrund einer aktuellen Auseinandersetzung mit Fragen nach Sucht, ihren psychosozialen Ursachen und ihren vielschichtigen Verhältnissen zur künstlerischen Produktion. Unsere Gäste bringen unterschiedliche fachliche Expertisen mit. Es geht um bildende Kunst – aber es geht ebenso um die Wechselwirkung zwischen Sehnsucht und Abhängigkeiten in Seelsorge, Suchtprävention, Jugendtheater und Literatur.

Mit: Pascal Trudon, Kulturhistoriker, Fotograf, Autor und Initiant / Caroline Schröder Field, Pfarrerin der Evangelisch-Reformierten Kirche Basel-Stadt, Basler Münster / Kathrin Weßling, Journalistin und Buchautorin, Berlin / Uwe Heinrich, Leiter junges theater basel / Renanto Poespodihardjo, Leiter Ambulanz für Verhaltenssüchte UPK Basel / Silke Wagner, Künstlerin, F.a.M. / Isabel Zürcher, Kunstwissenschaftlerin, Basel
Moderation: Silvia Henke, Kulturwissenschaftlerin, Hochschule Luzern Kunst & Design

Der Eintritt ist frei. Die thematischen Teile können auch einzeln besucht werden.
Das detaillierte Tagungsprogramm steht als Download zur Verfügung.
Aus organisatorischen Gründen wird um eine Anmeldung gebeten.

Format/ Umfang 24 x 25 cm / 224 Seiten, 108 Abbildungen. Gebunden mit Schutzumschlag.
Gestaltung icona basel gmbh
Verlag Schwabe AG, Basel
Druck Schwabe Druckerei, Muttenz

CHF 48.- / € (D) 48.-
ISBN 978-3-7965-3890-2

 

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Die Publikation

«Mag man auch das Sehnen nicht haben, so sehne man sich doch wenigstens nach der Sehnsucht.»
Meister Eckhart

Am 14. September 2018 erscheint die Publikation Es war einmal beim Kunstmuseum basierend auf Trudons fotografischen Porträts von Drogenabhängigen aus dem Gassenzimmer von 1992/93 sowie auf Nahaufnahmen der Bürger von Calais, Auguste Rodins berühmter Plastik im Hof des Kunstmuseums.

Die bildliche 
Gegenüberstellung von Porträts und Kunst ist in brisanter Weise einem gesellschaftspolitischen und soziokulturellen Klima auf der Spur. Trudon war und ist mit seinen visualisierten, später auch in Worten festgehaltenen Beobachtungen am Nerv der Zeit. Der unter Nachtgespräche
 verfasste Dialog zwischen ihm und dem renommierten Künstler, Ausstellungsmacher und Verleger Johannes Gachnang (1939-2005) führt über das Buch hinaus in unsere Tage: Sucht, Sehnsucht und Selbstfindung stehen mehr denn je im Fokus des modernen Lebens.

Buchvernissage am 26.9.2018, Allg. Lesegesellschaft, Basel

“ … wo aber Gefahr ist,
wächst das Rettende auch … „

Friedrich Hölderin

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